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Fotis

Icedancer, Bronzeguß 2014
Icedancer, Bronzeguß 2014

Eine Eiskunstläuferin, eingefroren in der schwindelerregenden Bewegung der Biellmann Pirouette, halb figural, halb abstrakt, mit Bruchstellen und durchschnitten von kreisförmigen Glasscheiben: Mit der Monumental Skulptur figure skater des griechischen Bildhauers FOTIS präsentiert die Werkstattgalerie Hermann Noack ein Werk, das Rätsel aufgibt und zu kontemplativer Betrachtung einlädt.

Die Biellmann-Pirouette zählt zu den anspruchsvollsten Figuren im Eiskunstlauf. Auf dem Standbein rotiert die Eiskunstläuferin um die eigene Achse, der Körper wird im rechten Winkel dazu gebeugt, das andere Bein in Verlängerung des Körpers gestreckt.

Während die Rotation immer schneller wird, greift eine Hand in seitlicher Überstreckung nach hinten und greift die Kufe des freien Beins. Anschließend wird der Körper aufgerichtet und über dem Kopf die zweite Hand an die Kufe geführt. Bein und Arme bilden jetzt einen Bogen über dem gestaucht wirkenden Körper. Während dieses langsamen Prozesses wird eine unglaubliche Rotationsgeschwindigkeit aufrechterhalten. Die Figur bedarf eines jahrelangen Trainings, nicht nur im Hinblick auf den Bewegungsablauf, auch die Toleranz für Schwindel fordert von dem Athleten eine Umschulung der eigenen Wahrnehmung. Zu dieser fordert uns auch Fotis‘ Werk auf.

Die naive Annäherung über das Motiv führt einen schnell in die tieferen Bedeutungsschichten und eine Untersuchung der bildnerischen Entscheidungen. Denn die Ambivalenz zwischen der grausamen Verformumg des Körpers und seiner Schönheit in der Ästhetisierung der Figur findet seinen Niederschlag in der skulpturalen Gestaltung. Um in der sportlichen Arena zu glänzen, muss der Körper jahrelang einem strikten Regime unterworfen und auch in der Vorbereitung der Figur bis ans Äußerste gedehnt werden. Der unmittelbare Eindruck der Schönheit der Skulptur erhält so konsequent seinen Kontrapunkt in den verschobenen Proportionen von Armen und Beinen, dem abstrahierten, fast negierten Kopf und den Bruchstellen in der ansonsten gespannten Bronzeoberfläche, besonders an den Gelenken. Obwohl die Eiskunstläuferin natürlich weit weg ist von einer realistischen Darstellung, evoziert sie so trotz allem das subjektive Erleben des Betrachters, wenn er die entsprechende Figur sieht. Denn der Torso erscheint stark verkürzt und die bei dieser Sportart notwendigerweise muskulösen Arme und Beine schlingen sich um den Körper herum und verformen ihn in unwahrscheinlicher Weise.

Zu sehen und zu denken geben auch die drei in die Skulptur eingefügten, kreisförmigen Glasscheiben. Wie Fotis in seinem Text „Reflexionen“ ausführt, dienen sie auf vielfache Weise dazu, die dreidimensionale Figuralität der Plastik um ein Medium zu erweitern, das den Zeitfluss, und damit die vierte Dimension, in das Ganze der Plastik einfügt. Denn die Glasscheibe ist nicht nur transparent, sie dient auch als Lichtschirm und reflektiert Bilder und Eindrücke aus der unmittelbaren Umgebung, seien es die Farbe des Sonnenuntergangs, am Himmel vorbeiziehende Wolken oder das Zittern der Blätter einer Baumkrone, und fügt sie als dynamische Element in die statische Bronze ein.

Fotis wurde 1940 in Griechenland geboren. Er studierte an der Athener Kunsthochschule sowie an der Akademie der Künste in Berlin, wo er seit 1971 lebt. Seine Reisen führten ihn u.a. als Kunst-Professor in Thessaloniki zurück in sein Heimatland sowie in zahllosen Ausstellungen durch ganz Deutschland, nach Belgien und Japan. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet.

Bronzeskulpturen (1982 - 2000)