BildgießereiReferenzenRenèe Sintenis

Renèe Sintenis

Polospieler
1929, Bronze
Polospieler 1929, Bronze
„Ein selbstverständliches Müssen“

Renée Sintenis: *20. März 1888 in Glatz; † 22. April 1965 in Berlin

Mit ihren kleinformatigen, ausdrucksstarken Tierplastiken hatte Renée Sintenis schon als junge Frau großen Erfolg. Später prägte sie mit dem Berliner Bären das Gesicht der geteilten und späteren Hauptstadt – sei es am Grenzübergang Dreilinden oder als Preis bei den Berliner Filmfestspielen. Mit der Bildgießerei war sie ihr ganzes Leben lang tief verbunden, hatte man doch Seite an Seite in der Werkstatt gearbeitet, gelehrt und gelernt.

Renée Sintenis, damals noch Renate Alice Sintenis, kam mit 17 Jahren mit ihrer Familie von Neuruppin nach Berlin, weil ihr Vater am Kammergericht eine Anstellung gefunden hatte. Ihre künstlerische Ader war schon damals ausgeprägt, als Kind hatte sie Zeichenunterricht erhalten und mit 19 Jahren begann sie an der Kunstgewerbeschule in Berlin Dekorative Plastik zu studieren. Doch bald musste sie das Studium auf Anweisung des Vaters abbrechen, der seine Tochter als seine Sekretärin einspannen wollte. Sie entzog sich jedoch dem Willen ihrer Familie und hielt an ihrem Ziel, Künstlerin zu werden, fest.
1910 stand die großgewachsene, elegante junge Frau mit den markanten Zügen Modell für Georg Kolbe, der damals schon einer der wichtigsten deutschen Künstler war. Es entstand eine über Jahre anhaltende Freundschaft, in der Kolbe Sintenis in ihrer Arbeit und Stilfindung begleitete. Anschließend begann sie zielstrebiger als Bildhauerin zu arbeiten – anfangs noch unter materiell schwierigen Bedingungen.

 

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„Ein selbstverständliches Müssen“

Seite an Seite bei Noacks

Ab 1913 begann sie an ihren Büsten, Porträtköpfen und Tierfiguren in und mit der Bildgießerei Noack zu arbeiten. In einem Brief an Hermann Noack II. schrieb sie später: „Noack Vater hat mich ziselieren und patinieren gelehrt. Wir haben alle in der Werkstatt zusammen gearbeitet, haben Kriegsstulle und -zigarette gegessen und geraucht. Ohne einen guten Gießer kommt der Bildhauer nicht aus, und wir Künstler haben der steten Bereitwilligkeit zu Versuchen, dem guten Willen und Geschmack dieser Gießerfamilie viel zu danken – und ihrer Liebe zu diesem ach so schweren Handwerk!“
Sintenis modellierte bei Noacks, lernte von Ziseleuren und Patinierern und ließ auch das Gießen nicht aus. Die fließenden Übergänge zwischen Kunst und Handwerk in der täglichen Arbeit und die gegenseitige Befruchtung der Sphären waren für Sintenis eine entscheidende Grundlage ihres Werks.
Bereits 1915 stellte sie in der Berliner Sezession aus und erste Ankäufe wurden von keinem anderen als Rainer Maria Rilke vermittelt, der von Sintenis‘ Werk von Anfang an überzeugt war. Ihr Lebensthema wurden schließlich die kleinformatigen Tierfiguren, die beim Publikum äußerst beliebt waren und auch nach dem Krieg noch großen Zuspruch fanden.
Doch auch ihre Porträts und Sportlerfiguren trafen den populären, als auch den Geschmack der Kunstszene – ihre lebendige, dynamische, doch nie pathetische Formgebung machte sie zu einer Marke und in der Weimarer Republik stellte sich auch international Erfolg ein: Ihre Werke wurden in Paris, London und New York gezeigt.

Dunkle Zeiten

1931 wurde sie als zweite Frau nach Käthe Kollwitz in die Berliner Akademie der Künste berufen und gehörte fraglos zu den wichtigsten Vertretern der Bildhauerei in Deutschland. Ihr Schaffen beschrieb sie damals so: „Ich habe selber nie gewusst, ob ich viel oder wenig oder ob ich überhaupt etwas Besonderes kann. Ich glaube es nur, weil die anderen es mir stets von Neuem sagen und ich am Erfolg die Wirkung merke. Mir ist mein Schaffen nichts anderes als ein selbstverständliches Müssen.“
Mit dem Nationalsozialismus begann für Sintenis eine Zeit der Entbehrung und des Verlusts. Aufgrund ihrer jüdischen Großmutter mütterlicherseits wurde sie aus der Akademie ausgeschlossen, ihre Werke wurden aus öffentlichen Sammlungen entfernt. Eines ihrer Werke wurde auch in der Femeausstellung „Entartete Kunst“ gezeigt. Immerhin erhielt sie kein Berufsverbot und konnte im Stillen und zurückgezogen weiterarbeiten, wenn auch unter äußerst schwierigen Bedingungen. Der überraschende Tod ihres Mannes und der Verlust großer Teile ihres Werkes durch einen Bombenangriff stürzten sie in eine tiefe Krise.

Ruhm einer Berliner Künstlerin

In der Nachkriegszeit konnte Sintenis jedoch an alte Erfolge anknüpfen und sie wurde vielfach geehrt. Sie blieb ihren Themen und ihrem Stil treu und traf weiter auf große Resonanz. Mit dem Berliner Bären schuf sie ein ikonisches Werk, das untrennbar zu Berlin gehört, sei es auf der Autobahn bei Dreilinden, aber auch jedes Jahr bei der Berlinale, wo ihr Bär als Preis verliehen wird.
Renée Sintenis starb 1965, mit 77 Jahren, in Berlin. Bis zuletzt und auch nach ihrem Tod wurde ihr Gesamtwerk bei Noack gegossen – ein besonderes Beispiel dafür, wie fruchtbar die enge Verbundenheit zwischen Gießerei und Künstler, zwischen Kunst und Handwerk ist – so kann über Generationen ein einzigartiges Werk entstanden, das bleiben wird.